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Kitzlige Momente Der Tunnel Alte Burg mit seinen beiden Röhren ist für den, der in südlichen Richtung
unterwegs ist, die nächste Stufe auf der ansteigenden Superlativ-Skala. Nach dem Tunnel Behringen als kleinem Vorgeschmack bekommt er hier mit 874 Metern Länge
in der Nord- und 866 Metern Länge in der Südröhre schon ein fast doppelt so langes Stück unter Tage geboten. Das mit 50 Millionen Mark Gesamtkosten veranschlagte
Bauwerk hat auch wegen seiner Länge die ersten Querstollen (im übrigen nicht nur einen, wie auf allen offiziellen DEGES-Grafiken angegeben, sondern zwei).
Begonnen wurde er wie weiter vorn bereits erwähnt, kurz vor der Bundestagswahl 1998. Seine Tunnelpatin ist die seinerzeitigen Bundesministerin für Jugend Familie und
Senioren, Claudia Nolte (CDU), heute immerhin noch Bundestagabgeordnete. Es gehört zu den Eigenheiten der Politik, dass man den Anschlag auf dem Hügel zwischen
den Talbrücken Schwarzbach und Wilde Gera durchführte (also am rechten Bildrand der Grafik), dort wo
die Bauleitung für die in der Nähe liegenden Großprojekte sitzt. Mit großem Pomp gingen einige
Sprengladungen vor einem imitierten Tunnelportal in die Luft. Als Politik und Medien den Hügel wieder
verlassen hatten, verschwand flugs auch das mühsam in zwei Wochen aus Styropor und Beton
zusammengebastelte Tunnelportal wieder. Man hatte nämlich gar nicht vor, von dieser Seite aus den
Tunnel vorzutreiben sondern von der anderen Bergseite. Damit so richtig begonnen wurde auch erst zu
Jahresbeginn 1999. Und dann funktionierte trotz einiger Schwierigkeiten mit eindringendem Wasser und
großer Kälte alles ganz gut, ob wohl sich die Tunnelpatin von da an lange nicht mehr blicken ließ - Terminprobleme... Ob ihr das der Berggeist übel
genommen hatte? Fast ein wenig zu glatt waren die Bauarbeiten verlaufen. Bis zum 30. Juni 1999. Tagelange Regenfälle hatten auch das Gebirge ziemlich durchnässt.
Nicht mehr mehr war es dis zum Westportal. Von der Decke kam immer mehr Wasser. Die Tunnelbauerprofis vom Schachtbau Nordhausen witterten Unheil. Nicht grundlos: Wenige Minuten,
nachdem der Tunnel schleunigst geräumt wurde, donnerten 3500 Kubikmeter Gestein von oben her in die
Tunnelröhre. Bis an die Oberkante des Gebirges rutschten die Geröllmassen durch. Die vor Jahrhunderten
in dieser Gegend recht intensive Bergbautätigkeit hatte hier einen längst vergessen geglaubten, und in
keiner Karte verzeichneten Altstollen hinterlassen, dessen Füllung unter den Regenfällen in Bewegung
geraten war.Von oben her wurden eilends große Mengen Beton eingefüllt, bis der Berg wieder ruhig
stand. Doch mit dem Vortrieb der Röhre konnte es nun natürlich nur noch in kleinen Schritten weiter gehen. Trotzdem war es im November soweit: Wieder stand alles hoch überm Schwarzbachtal, diesmal
auf der inzwischen rohbaufertigen Brücke (und diesmal auch auf
der richtigen Seite), als im Wochenabstand in beiden Röhren der Durchschlag gefeiert werden konnte. Was der Berg an Gestein freigeben musste, hatte sich
bis dahin vor dem Ostportal gesammelt und füllt inzwischen einen anschließenden Talschluss fast vollständig aus. |