ICE-Bemerkungen

Die Sache mit dem ICE

Was die Frage der Ingenieurtechnik angeht, mag der ICE auf ebenso (wenn nicht bei geplanten Tunnellängen von 16 Kilometern durch das Massiv des Thüringer Waldes sogar höherem) Niveau stehen. Dies vor allem ist es ja, was die Besucher der Internet-Seite www.henrytrefz.de vordergründig zu interessieren scheint. Ich habe jedoch auch immer die politische Dimension im Auge gehabt. Neben der bundespolitischen auch die regionalpolitische. Und da steht die Autobahn unstreitig im Vordergrund.
Aus der Sicht der Region des Ilm-Kreises ist die Erschließungswirkung der ICE Trasse sehr begrenzt. Immerhin: Pfiffige Kommunalpolitiker erreichten in den frühen 90er Jahren, dass sich der Umstand eines sowieso eingeplanten Überholpunktes bei Ilmenau (Wümbach) zu einem Interregio-Halt ausbauen ließe. Dies immerhin führte zu einer gewissen Akzeptanz in der Region. Planungsseitig hatte die ICE-Trasse lange Vorsprung vor der für die Autobahn. Seine identische Linienführung mit der A71 von Erfurt bis Traßdorf dürfte sogar ein wesentlicher Punkt gewesen sein, der zu einem schnellen Baubeginn und einem zügigen Anschluss der Bauarbeiten in diesem Streckenabschnitt für die Autobahn geführt hat. Ironie des Schicksals: Der ICE beschleunigte den Autobahnbau, nun aber ist er selbst fraglich. Denn mit dem Regierungswechsel in Bonn kam nicht nur die SPD an die macht, sondern auch die Grünen, die schon seit langem erklärter Gegner des Projektes sind. Die immer wieder erwähnte Unterdeckung des Bundesverkehrswegeplanes (die Rede ist nach SPD-Angaben meist von etwa 80 Milliarden Mark) war der willkommene Anlass mit den Zudrehen des Geldhahnes zunächst auch den Weiterbau zu stoppen. Nach einigen wirren Überlegungen, des bisher trassenmäßig vorbereiteten Streckenteil an eine benachbarte Regionalbahn anzubinden, um dem Vorwurf einer Investitionsruine zu entgehen, folgte im Spätwinter 2000 die erlösende Nachricht: Die ICE-Trasse wird gebaut. Freilich zunächst nur bis Ilmenau (Wümbach). Immerhin, sagen die einen, Flucht vor der eigentlichen Entscheidung, sagen die anderen. Die Entscheidung hat vor allem (koalitions)taktische Gründe. Die SPD kann stolz erklären: Wir haben ja schon beim Baustopp gesagt: Die Trasse ist nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. Angeblich soll sie nach ihrer Fertigstellung sogar verkehrswirksam werden. Wie das konkret ablaufen soll, dazu weiß keiner eine Antwort, zumal parallel ein bestehende Strecke über Arnstadt nach Ilmenau verläuft. Zur Frage des Weiterbaus südlich von Ilmenau gibt es viele Willensbekundungen, doch in trockenen Tüchern ist zunächst nichts. Immerhin mit jeder weiter ausgegebenen Mark an der Trasse steigt die Wahrscheinlichkeit, ihrer tatsächlichen Vollendung.
Auch die Grünen berichten selbstbewusst: Der nach ihrer Ansicht unsinnige Bau der Strecke ist weiterhin verhindert. Sie favorisieren statt des Neubaus einen Ausbau vorhandener Strecken. Die Kraft des Faktischen können auch sie nicht ignorieren, doch südlich von Ilmenau (Wümbach) gibt es diverse Möglichkeiten. Eine von Ihnen beschreibt die im Auftrag einer regionalen ICE-Gegner-Bürgerinitiative in Auftrag gegebene Studie des Planungsbüros VIEREGG-RÖSSLER GmbH
(http://www.vr-transport.de/erf-lif99/titel.html). Zu ihr ist anzumerken, dass die Studie überall dort sehr konkret wird, wo die Fakten das Ziel zu stützen scheinen. Wo es schwierig wird, etwa bei der Erörterung der technischen Probleme (Wie kommt die Trasse von Wümbach – den Trassenverlauf der Autobahn über Ilmenau folgend bis zum Eingang des Brandleitetunnels unter dem zukünftigen Rennsteigtunnel?) gibt es kühne Striche in der Landschaft. Die Striche erinnern frappierend an jene, die die ICE-Gegner des Planern dort vorwerfen. Nichtsdestotrotz: Der ICE-Anschluss für Thüringen ist eminent wichtig. Bei seiner konkreten Ausgestaltung aber liegt noch so manche Tücke im Detail. Die Hürden sind also beileibe nicht nur finanzieller Natur...

 

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