Wilde Gera

Spektakulär und grazil - die Begeisterung für einen Halbbogen

Talbrücke Wilde Gera (552 m)

In sehr geringem Abstand zum Tunnel Rennsteig überquert das Bauwerk das tief eingekerbte Tal der Wilden Gera mit der im Talgrund verlaufenden Landesstraße (L 2149) und der Bahnstrecke Zella-Mehlis - Gräfenroda. Diese Zwangspunkte, eine maximale Höhe über Tal von etwa 110 Metern und der Anspruch einer besonders ästhetischen Gestaltung, die das Bauwerk harmonisch in die Landschaft einbindet, bedeuteten für Planer und Ingenieure außerordentliche Herausforderungen. Nachdem mehrere Gestaltungsvarianten eingehend untersucht worden sind, kommt nun ein Sondervorschlag zur Ausführung, der nicht nur als ästhetisch besonders gelungen anzusehen ist, sondern auch mit technischen Superlativen aufwartet. Durch eine weit geschwungene Bogenkonstruktion bleibt der Talgrund unberührt von Pfeilern. Mit einem Abstand von 252 m zwischen den beiden Bogenenden (von Pfeilerachse 3 bis Pfeilerachse 9) wird dies der Stahlbetonbogen mit der größten Stützweite in Deutschland sein.
Der Überbau wird im Taktschiebeverfahren hergestellt. Er besteht aus einem einzelligen Stahlhohlkasten mit Schrägstreben und einer darübergelegten Stahlbetonfahrbahnplatt e (Stahlverbund). Die Stützweiten betragen 30 m - 36 m - (10 x) 42 m - 36 m - 30 m = 552 m; die Bauhöhe liegt bei 3,74 m. Den Brückenbau selbst führt - wie auch den der
Talbrücke Zahme Gera die Adam Hörnig AG aus

Baustand Ende Juni 2001:



Die Fußgängersperren - ob sie dort nun zu Recht standen oder nicht, soll jetzt einfach mal vergessen sein - sind gefallen und die Wanderer nutzen die nun mögliche Tour vom Portal am Rennsteig über Wilde Gera und Schwarzbach bis zum (oder durch) die Alte Burg, um den Bauleuten Respekt für ihr Tun zu zollen. Die Fahrbahnplatte ist komplett hergestellt. Die Südseite hat die erste Bitumenschicht, auf der Nordseite ist die Abdichtung zur Hälfte aufgebracht. Foto: H. Trefz

Frühling 2001: Auch von den (gut gegen neugierige Schaulustige gesicherten) Widerlagern der Brücke aus macht die Königing unter den Waldautobahnbrück en eine ansehnliche Figur. Foto: H. Trefz

Winter 2001: Bald fahren die ersten Tunnelaushub-Kipper
Februar 2001:
Auch dieses Bild stellten Freunde dieser Website zur Verfügung. Deutlich (zumindest in der Großversion per Klick 96 kB) zu erkennen: Nur noch in der Mitte wird am Fahrbahnüberbau gearbeitet. Für die Kipper, die dringend den Tunnelaushub vom Rennsteig gen Osten bringen müssen, heißt es also bald: Gentlemen, start your engines!.
Foto: M. Tomasini


November 2000: Da überstürzen sich fast die Ereignisse an der Kammquerung. Erfolgreich ist die letzte Betonschüttung für die Fahrbahn eingebracht. Bereits zu Beginn des nächsten Jahres soll der Massentransport beginnen. So wie hier (Klick für zum Großbild mit 70 kB, Detailfoto: 56 kB) wird die Brücke über die Wilde Gera (mit minimalen Änderungen durch das Brückengeländer und die dann fehlenden Schalwagen) wohl künftig aussehen. Fotos: H. Trefz


August 2000: Aus der Luft gut zu erkennen, die Vorschubwagen, die noch 2000 die Befahrbarkeit der Brücke für den dringenden Transport des sich vor dem Tunneleingang stauenden Ausbruchmaterials zum Geschwendaer Berg ermöglichen sollen. Klick führt zum Großbild (224 kB). Beachten Sie den Würdigungshinweis auf dieser Seite unten.


Oktober 2000: hat auf der Talbrücke Wilde Gera der langsame Weg der beiden Schalwagen hin zur Mitte und hin zur (für den Massentransport fertigen) Brücke schon deutliche Fortschritte gemacht. Ein Klick führt zum Großbild (60 kB) Foto: H. Trefz

Da kommt auch schon mal der Bundeskanzler gucken...
22.08.2000: Bogenschluss und stählerner Fahrbahnunterbau sind längst Geschichte, die Wilde-Gera-Brücke aber zieht noch immer die Menschen in ihren Bann.
Unter ihnen sind auch viele besondere, wie man an diesen Bildern erkennen kann. Und natürlich auch solche, die sich für besonders halten, weil sie in der Nähe besonderer Menschen gesehen werden. (Fotos: H. Trefz)
Ausführlicheres zur Kanzlervisite
hier...

Der Mitteldeutsche Rundfunk veröffentlichte auf seiner Website
 (
MDR Thüringen Thüringen Journal) anlässlich des Bogenschlusses im Herbst 1999 ein interessantes Special über den Bau der Brücke mit einigen spektakulären Luftbildern.



Fachwerkkonstruktion: Auf den schmalen Pfeilern wächst der insgesamt knapp Meter breite Überbau, hier der Stand von Ende Februar 2000. Foto: H. Trefz. (Klick führt zum größeren Bild, 193 KB)



Auch nach dem spektakulären Bogenschluss geht die Arbeit voran. Die Neigung der Brücke von 2,5 Prozent reicht aus, um die einzelnen, vor Ort montierten Oberbauteile wie hier im Februar 2000 über die Brücke gen Osten zu schieben. Foto: H. Trefz, (Klick zum größeren Bild, 75 KB)

Die nüchternen Zahlen der Planer für die Brücke über das Tal der Wilden Gera - mit 552 Metern Länge nur zwei Meter länger als jene über die Zahme Gera etwa zehn Kilometer weiter östlich können die Begeisterung schlecht verursachen, die das Bauwerk seit seinem Baustart vor inzwischen schon zweieinhalb Jahren nicht nur bei Fachleuten sondern auch bei vielen Besuchern aus Nah und Fern ausgelöst hat. Und sie umschreiben auf schmeichelhafte Weise, dass nicht die DEGES und



Fortschritt: Das geschwungene Tal der Wilden Gera offenbart den Blick auf die ganze Brücke nur an wenigen Stellen. Foto: H. Trefz (Klick führt zum größeren Bild, 108 KB)

auch nicht die Planungsbehörde es war, die die Idee zu diesem Bauwerk hatte. Getreulich der Pflicht zur Kostenminimierung hatte man zunächst eine Pfeilerbrücke wie schon in den Nachbartälern geplant. Eine alte Mülldeponie und ein altersschwacher Bahndamm sind es schließlich gewesen, die den Bogen verursachten. Die Pfeiler der Brücke hätten unmittelbar neben dem Flussbett der Wilden Gera gestanden. Dort, wo auch eine frühere Mülldeponie liegt. Für die Gründungsarbeiten hätte nicht nur die Deponie teuer entsorgt, sondern auch die Gera umverlegt worden. Auch der Damm der Bahnlinie Erfurt - Suhl, der nach erstaunter Erkenntnis der Statiker eigentlich gar nicht mehr stehen dürfte, wäre einem Pfeiler bedrohlich nahe gekommen. Die Aschaffenburger Mittelstandsfirma Adam Hörnig machte gemeinsam mit einem Planungsbüro den eigentlich teureren, in der Gesamtschau aber günstigeren Vorschlag: Ein Bogen - über alle Problemstellen hinweg - mit 252 Metern Spannweite der elftgrößte weltweit, der viertgrößte in Europa, der größte in Deutschland und echter Zuschauermagnet sowieso.Einziger Wermutstropfen, der nicht erwähnt bleiben soll: Das Logistikkonzept für die Massentransporte kam so gehörig durcheinander: Denn eigentlich sollte die Brücke zur Jahreswende 1999/2000 fertig sein, um auf ihr den Tunnelaushub aus dem Rennsteigtunnel in Trassenbereich westlich der Talbrücke Zahme Gera zu bringen. Nun müssen sie vor dem Eingang zwischen gelagert werden, weil auch der Alte-Burg-Tunnel noch nicht ganz fertig ist. Und dort wird es vor allem im Sommer 2000 mächtig eng...

Weitere Links zum Thema:
http://www.koehler-seitz.de/de/reference/bridgedesign/19973414/index.html

 

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